Nach etwa 10 -14 Stunden sind die frisch geschlüpften Storchenküken abgetrocknet und haben sich vom Schlupf erholt. Nun regt sich langsam der Hunger, die Storcheneltern müssen jetzt täglich Kleingetier sammeln. Mehr als 20 Fütterungen kann man da durchaus am Tag beobachten, wenn der vorhandene Lebensraum soviel Nahrung anbietet. Ein Elterntier wärmt, der andere ist unterwegs und das in der ersten Zeit der Aufzucht, idealerweise in der Nähe des Horstes. Beide Geschlechter beteiligen sich gleichermaßen.
Das Storchenküken, ein Nesthocker der nicht blind ist
Störche gehören zu den Nesthockern, d.h. sie sind von den Eltern vollständig abhängig bis zum flügge werden. Es lässt sich vom Namen gut ableiten, sie hocken im Nest. Die meisten Wildvögel zählen zu dieser Gruppe, sind aber blind. Die Storchenküken nehmen die Nahrung von Beginn an eigenständig auf, sie müssen also sehen können wo das Futter liegt. Die Fütterung des Altstorches besteht darin die Nahrung im Nest heraus zu würgen. Die Eltern stochern ebenfalls im Futter herum, nehmen die Reste wieder auf und säubern das Nest akribisch.
Hauptbestandteil der Nahrung in den ersten Wochen sind Regenwürmer
Die Nahrung für die Jungen muss Proteine und Feuchtigkeit enthalten, Wasser wird den Kleinsten noch nicht gereicht. Regenwürmer enthalten genau diese Bestandteile, sie müssen jetzt in großen Mengen verfügbar sein. Kleine Käfer und Schnecken gehören ebenfalls zum Nahrungsspektrum. Grashüpfer gibt es zu dieser Jahreszeit noch wenige, auch sie werden später zu Tausenden an den Nachwuchs verfüttert. Auch der Speichel des Altstorches, der an der hervorgewürgten Nahrung haftet, überträgt wichtige Bestandteile für die Entwicklung der Kleinen.
Mobbing vom ersten Tag an
Jetzt müssen die Eltern sehr wachsam sein und darauf achten, dass auch die Kleinsten bei den Fütterungen satt werden. Sehr schnell bleiben sie sonst in ihrer Entwicklung zurück. Sie werden von den älteren Küken oft zur Seite gedrängt, ja gemobbt könnte man sagen. Der Überlebensinstinkt macht sich halt schnell bemerkbar. Das Wachstum der Küken ist enorm, fast kann man ihnen dabei zuschauen, täglich nehmen sie proportional zum Körpergewicht etliche Gramm zu.
Wenn jetzt Nahrungsmangel aufgrund von Trockenheit oder fehlender Feuchtgebiete hinzu kommt, wächst der Stress für die Altstörche wie auch für die Küken. Handel es sich um erfahrene Brutstörche, so werden sie durchaus darauf achten, dass auch das jüngste Storchenküken genug Futter bekommt. Sie würgen, man nennt es auch spähen, die Nahrung erst hervor wenn alle Kleinen sitzen und Futter aufnehmen können. Hier wurde das jüngste Küken, ein weiteres folgte noch, für die nächsten Tage separat gefüttert.
Das Gewicht geschlüpfter Storchenküken liegt zwischen 70 und 90g, innerhalb eines Geleges ist der Unterschied geringer.
Am Anfang der Aufzucht sind es kleine Mengen die den Küken reichen bis zur nächsten Fütterung. Wenn das Nahrungsangebot ausreichend ist, verbleibt der zweite Altstorch nach den Fütterungen durchaus noch länger am Horst. Er ruht sich ein wenig aus und beobachtet die Entwicklung seines Nachwuchses sehr aufmerksam.
Wie viele Schritte wird wohl ein Brutstorch am Tag zurücklegen wenn er die Nahrung für seinen Nachwuchs sucht? Einige Kilometer wird er dabei zurücklegen. Sein eigener Kalorienbedarf steigt auf jeden Fall enorm an.
Fürsorge für den Storchennachwuchs
Wie fast alle Vogeleltern, den Kuckuck nehme ich hier mal raus, ist auch der Weißstorch sehr fürsorglich im Umgang mit seinem Nachwuchs. Aber warum wirft er manchmal ein Storchenküken ab? Dafür gibt es sehr gute Gründe:
Dem Altstorch ist schon längst aufgefallen, dass entweder die Nahrung nicht ausreicht, oder ein Küken evtl. krank ist. Erst wenn er die Ausweglosigkeit einer Situation erkennt, die durchaus seinen gesamten Nachwuchs gefährden könnte, wird er ein Jungtier aus dem Gelege entfernt, siehe dazu : Kronismus – wenn Tiere den Nachwuchs töten
Bei meinen Beobachtungen an Storchenhorsten fiel mir immer Stressverhalten bei den Altvögeln auf, wenn einer ihrer Jungstörche ums Leben kam, wie auch immer.
Das kann aber auch der Fall sein, weil das Küken bereits tot ist, weil es evtl. erkrankt ist und keine Nahrung mehr zu sich nimmt, oder weil es aufgrund von Nahrungsmangel weit zurück bleibt und der Storch instinktiv weiß, dass er nicht alle Küken groß bekommen kann.
Eine derartige Beobachtung machte ich am Horst des Storchenpaares Romy und Merlin, im Jahr 2020 in Niedermöllrich. Sie zeigte mir wie lange die Storcheneltern versuchen ein Küken zu retten.
Es hagelte am einem Tag, Merlin huderte gerade die ca. 14 Tage jungen 4 Küken, das beobachtete ich über die Kamera. Merlin kannte wohl Hagel noch nicht, weshalb er sehr irritiert reagierte. Er sprang erschrocken auf und blieb eine gefühlte Ewigkeit stehen. Eines der Küken war dadurch dem Hagel ausgesetzt und fraß in der Folge nicht mehr. Die Eltern huderten es 2 Tage lang, sie waren im Stress. Das Küken starb leider, vielleicht war es auch schon tot, ich konnte kein Bewegungen erkennen. Erst dann hat Romy es aus dem Horst geworfen.
In welchem Alter können die Storchenküken klappern?
Das bei uns allen so beliebte Klappern der Weißstörche, bereits die Kleinsten können das. Wenngleich es auch noch sehr zaghaft ist, aber wenn sie das erste mal sitzen versuchen sie es bereits. Das nachfolgende Video zeigt eine Fütterung der 5 Vollmarshäuser Storchenküken vom 21. Mai 2022. Der Altersunterschied ist gut erkennbar, das älteste Küken ist 10 Tage, das jüngste 3 Tage. Die Storchenküken brauchen Sonne, Vitamin D für die Knochenbildung. Auch die Eltern nutzen jeden Sonnenstrahl um die Kleinen diesem Wachstumsvitamin auszusetzen und sie wissen genau wann es gut ist. Auch die Kleinen zeigen ihnen das an, sie werden unruhig wenn sie Sonnenschutz brauchen.
Die Gewichtzunahme beträgt ca. 10 % des Körpergewichtes pro Tag, in den ersten Wochen der Entwicklung. Anschließend nimmt sie ab, die Kleinen sind dann auch schon eher in der Lage mit etwas weniger Nahrung auszukommen. Die Gefahr des Verhungerns ist ab der 5/6ten Woche vermindert, den größten Wachstumsschub haben sie geschafft! Schlecht ernährte Jungstörche sind allerdings sehr anfällig für Unterkühlung durch Nässe. Die Eltern können sie bei der jetzigen Körpergröße nicht mehr ausreichend wärmen, vor allem wenn das Gelege aus sehr vielen Storchenküken besteht.
Nachfolgende Galerie zeigt einige Stadien der Entwicklung vom Storchenküken zum Jungstorch mit Altersangabe:
Von allen 5 Störchen aus diesem Gelege, dass ich vom Schlupf bis zum flügge werden der Jungstörche betreuen durfte, gibt es einige Rückmeldungen aus den Jahren 2023 bis 2025.
Fabian, Michael, Kevin, Max und Jannes, das habt ihr toll gemacht, danke dafür!
Ein ganz herzlicher Dank an dieser Stelle auch noch einmal an die Feuerwehr Lohfelden, nach den ehrenamtlichen Feuerwehrmännern wurden die Jungstörche benannt. Das dies alles möglich war, dafür hat der liebe Dieter Werner vom NABU Lohfelden Vollmarshausen gesorgt! HNA zur Bergung des Geleges am 11.05.2022









